Hauptinhalt

Agroforst - vorteilhaft für die naturnahe Kulturlandschaft und die produzierende Landwirtschaft!

Medienmitteilung vom 25. Mai 2023

Junge Apfel- und Birnbäume in langen Reihen – und dazwischen Streifen mit Getreide, Kräutern oder Weidehühner, die rund um ihre mobilen Ställe herum im Gras picken und scharren: So präsentiert sich das Agroforst-Projekt Rümlisberg im Schwarzenburgerland. Ein passender Ort für den Schweizer Bauernverband SBV und den Fonds Landschaft Schweiz FLS, um ihre unterschiedlichen, aber durchaus miteinander vereinbaren Ansprüche an Agroforst-Projekte vorzustellen.  

«Die Biodiversität erhöhen, ohne die Produktion von Nahrungsmitteln zu reduzieren»: So lautet eines der Ziele, das der Landwirt Matthias Roggli mit der Agroforst-Fläche auf seinem Betrieb oberhalb von Mamishaus anstrebt. 60 junge Apfel- und Birnbäume – nicht mehr als zwei von der gleichen Pro-Specie-Rara-Sorte – hat er in fünf langen Reihen auf sein Ackerland gepflanzt, zwischendurch auch mal einen Strauch gesetzt oder Platz für einen Asthaufen gelassen. Zwischen zwei Baumreihen gedeiht Ur-Dinkel; auf einem andern Streifen weiden Hühner, die später als Weidepoulet verkauft werden.

Mit Agroforst den Wert des Landes steigern

Wenn die Bäume dann mal grösser sind, werden sie Schatten spenden und den Wind abschwächen, mit ihren Wurzeln den Boden und Wasserhaushalt verbessern, Früchte für die Direktvermarktung als Tafel-, Most- und Trockenobst hervorbringen und auch das Landschaftsbild bereichern. «Der Wert des Landes soll für kommende Bewirtschaftergenerationen erhalten und gesteigert werden», bringt Matthias Roggli seine Motivation für das Agroforst-Projekt Rümlisberg auf den Punkt.

Der SBV sieht nebst der Biodiversitätsförderung und der Aufwertung der Kulturlandschaft ein zusätzlicher Mehrwert im Schutz der Ressourcen. Die Diversifikation des Betriebs dank Agroforst erhöht zudem dessen Resilienz, auch in Bezug auf den Klimawandel: Bäume speichern Kohlenstoff, der Humusgehalt im Boden nimmt zu und Bodenerosionen können reduziert werden.

Herausforderungen in der Praxis

Doch so gut es klingt, so einfach ist es nicht. «Agroforstsysteme bringen viele Herausforderungen mit sich», erklärt Michel Darbellay. Der Leiter der Departement Produktion, Märkte & Ökologie des Schweizer Bauernverbandes (SBV) fährt weiter «Der Initialaufwand ist gross, die Arbeitsbelastung steigt und in den meisten Fällen müssen sich Landwirtinnen und Landwirte spezifisches Wissen und neue Fähigkeiten aneignen, um Agroforstsysteme erfolgreich zu bewirtschaften. All dies ist mit Zeit und Kosten verbunden, ein knappes Gut.» In Kombination mit rechtlichen Unklarheiten bestehen nach wie vor Unsicherheiten, die Landwirtinnen und Landwirte zögern lassen.

Für den SBV ist daher ein wichtiger Teil der Lösung die Erschliessung neuer Vermarktungswege und die Etablierung eines stabilen Absatzmarktes. Dazu sind alle gefragt, von Bauernfamilien über Handel bis zu den Konsumierenden.  

Gut fürs Landschaftsbild und die Biodiversität

Aus Sicht des Fonds Landschaft Schweiz FLS ist das Agroforst-Projekt von Matthias Roggli sehr gut ins Gelände eingepasst: «Die Baumreihen und auch 15 separat gepflanzte Nussbäume fügen sich gut in die Topografie ein und ergänzen vorhandene Landschaftselemente sinnvoll», sagt Victor Egger. Er ist Mitglied der FLS-Kommission,  des Leitungsorgans des verwaltungsunabhängigen Förderinstruments, das 1991 zur 700-Jahr-Feier der Eidgenossenschaft geschaffen wurde, um freiwilliges Engagement zur Pflege und Aufwertung naturnaher Kulturlandschaften zu unterstützen. Bisher hat der FLS rund 3100 Projekte mit insgesamt 165 Millionen Franken fördern können.

Zu seinem 30-Jahr-Jubiläum hat die FLS-Kommission eine Strategie mit dem Ziel formuliert, die Kulturlandschaft des 21. Jahrhunderts aktiv mitzugestalten. Als besonderen Sensibilisierungs- und Förderakzent hat sie dazu im Frühjahr 2022 den «FLS-Fokus Agroforst» lanciert, um gezielt beispielhafte Projekte zu unterstützen. Hauptkriterien für die Gewährung von finanziellen Beiträgen, die im Vergleich zur üblichen FLS-Praxis erhöht sein können, sind die gute Einbettung in die Landschaft und die Förderung der Biodiversität.

Vielfältige Projekte, grosses Interesse

Bisher hat der FLS in diesem Rahmen acht Agroforst-Projekte fördern können – je nach Grösse und Ausgestaltung mit unterschiedlich grossen Beiträgen (zwischen 4’000 und 38'000 Franken) in der Höhe von maximal 50 Prozent der anrechenbaren Kosten. Weitere Gesuche um Unterstützung sind hängig oder in Vorbereitung. Michel Bhend, wissenschaftlicher Mitarbeiter auf der FLS-Geschäftsstelle, stellt eine grosse Vielfalt fest: «Es gibt stark produktionsorientierte Agroforst-Projekte, aber auch solche mit sehr ausgeprägter Ausrichtung auf ökologische Ziele wie Artenvielfalt.»

Ein Jahr nach der Lancierung des «FLS-Fokus Agroforst» lässt sich eine positive Zwischenbilanz ziehen. Neben der direkten Förderung von vorbildlichen Projekten hat der FLS seine Landschafts- und Vielfaltskriterien in die Agroforst-Diskussion einbringen können. Er ist damit auf grosses Interesse gestossen: beispielsweise am Schweizer Landschaftskongress, am Naturkongress und an der «Rapperswiler Tagung» der Landschaftsfachleute, in kantonalen Gremien und in den Workshops, die von den Bundesämtern für Landwirtschaft und Umwelt zur Erarbeitung von Grundlagen für allfällige Agroforst-Direktzahlungen durchgeführt worden sind.

Förderung von modernen Agroforst-Systemen durch den Bund wird geprüft

Die gesetzlichen Grundlagen für die Förderung von modernen Agroforst-Systemen mit Direktzahlungen seien vorhanden, sagte Bundesrat Parmelin kürzlich im Nationalrat. Eine solche Förderung werde auf der Grundlage der  Erfahrungen aus dem Ressourcenprojekt «agro4esterie» geprüft, die seit 2020 bis 2028 auf 140 Betrieben in mehreren Westschweizer Kantonen gesammelt werden. Eine Motion, die ein rascheres Vorgehen fordert, hat der Nationalrat am 2. Mai 2023 mit 109 zu 83 Stimmen abgelehnt. Der FLS trägt 30'000 Franken zur Finanzierung des erwähnten Ressourcenprojekts bei und freut sich, wenn er auch auf diesem Weg zur Entwicklung von guten Kriterien für Agroforst-Projekte beitragen kann. 

Rückfragen

SBV: Michel Darbellay, Leiter Produktion Märkte und Ökologie, 078 801 16 91

FLS: Bruno Vanoni, Informationsbeauftragter, 079 405 65 52 – vanoni@fls-fsp.ch

Weitere Informationen: www.fls-fsp.ch/fokus-agroforst

Weitere Beiträge zum Thema

Medienmitteilungen
Plattformen für die Arbeitsvermittlung in der Landwirtschaft

25.03.20 | Ab sofort stehen mit agrix.ch oder agrarjobs.ch kostenlose Plattformen für die Vermittlung von offenen Stellen in der Landwirtschaft aufgrund des Coronavirus zur Verfügung. Weitere Möglichkeiten sind online zu finden.

Mehr lesen
Medienmitteilungen
Massnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise

21.03.20 | Der Schweizer Bauernverband und seine Mitgliedsektionen bearbeiten intensiv die verschiedenen Probleme und offenen Fragen, die sich aus dem Corona-Ausnahmezustand für die Land- und Ernährungswirtschaft sowie die Bauernfamilien ergeben.

Mehr lesen
Medienmitteilungen
Vorgängige Anmeldung für Einreise erforderlich!

20.03.20 | Noch bis zum nächsten Donnerstag können ausländische Arbeitskräfte nur mit Arbeitsvertrag in die Schweiz einreisen. Sie müssen aber vorgängig den Behörden gemeldet worden sein. Der Schweizer Bauernverband stellt dafür ein Formular zur Verfügung.

Mehr lesen
Medienmitteilungen
Landwirtschaftskammer will Rückweisung der Agrarpolitik 22+

20.03.20 | Die Landwirtschaftskammer des Schweizer Bauernverbands entschied, die Botschaft zur Agrarpolitik 22+ an den Bundesrat zurückzuweisen. Sie enthält Fehler und Widersprüche und braucht für eine zukunftsgerichtete Land- und Ernährungswirtschaft eine grundlegende Überarbeitung.

Mehr lesen
Medienmitteilungen
Ausländische Arbeitskräfte: Sofortiges Handeln nötig!

18.03.20 | Die Schweizer Grenzen sind wegen des Corona-Virus geschlossen. Damit ausländische Arbeitskräfte in die Schweiz einreisen können, brauchen sie eine offizielle Aufenthaltserlaubnis. Die Arbeitgeber müssen diese sofort beantragen.

Mehr lesen
Medienmitteilungen
Hofläden dürfen offen bleiben

17.03.20 | Der Verkauf von Lebensmitteln in Hofläden ist weiterhin möglich. Bei bedienten Läden sind die Vorgaben des Bundesamts für Gesundheit zu beachten. Seit heute befindet sich die Schweiz in einer «ausserordentlichen Lage» gemäss Epidemiengesetz. Alle Läden, Restaurants, Bars sowie Unterhaltungs- und Freizeitbetriebe sind bis mindestens am 19. April 2020 geschlossen. Lebensmittelläden und damit auch die Hofläden auf den Bauernbetrieben sind davon allerdings ausgenommen. Wenig problematisch sind Selbstbedienungsangebote auf den Höfen. Bediente Läden müssen die Empfehlungen des Bundesamts für Gesundheit einhalten. Dazu gehören Hygienemassnahmen wie gründliches Händewaschen, Hände nicht schütteln sowie genügend Abstand zu anderen Personen sicherstellen. Das kann weiter heissen, die Anzahl Kundinnen und Kunden zu begrenzen, die gleichzeitig im Laden sind. Ideal ist weiter, eine bargeldlose Be-zahlmöglichkeit anzubieten. Der Schweizer Bauernverband arbeitet dafür bereits seit längerem mit TWINT zu-sammen. Alle Informationen dafür sind auf www.vomhof.ch zu finden. Das Abhalten von Wochenmärkten ist nicht mehr erlaubt.

Mehr lesen
Medienmitteilungen
Starke inländische Land- und Ernährungswirtschaft sorgt für volle Regale

17.03.20 | Die Bevölkerung ist besorgt über die Nahrungsmittelversorgung, was sich in Hamsterkäufen äussert. Die Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft ist gut aufgestellt. Dank hiesiger Produktion und Verarbeitung verfügt unser Land über eine robuste Produktionsinfrastruktur, die sowohl bei den Grundnahrungsmitteln wie Mehl, Kartoffeln, Milchprodukten, Obst, Gemüse, Fleisch und Zucker einen hohen Selbstversorgungsgrad sicherstellt, als auch über die hiesige Herstellung von stärker verarbeiteten, oftmals lange haltbaren Produkten wie Teigwaren, Suppen, Saucen, Getränken, Schokolade und Backwaren einen wichtigen Beitrag zur Bevorratung der Bevölkerung leistet. Die lokale Nahrungsmittelproduktion ermöglicht einen schnellen Warenfluss zu den Konsumenten. Hamsterkäufe, die über den vom Bundesrat empfohlenen Notvorrat hinausgehen, sind nicht begründet und belasten die in diesen Branchen arbeitenden Menschen unnötig.

Mehr lesen
Medienmitteilungen
Erfreulich: Nationalrat engagiert sich für «faire Marktbedingungen»

10.03.20 | Der Nationalrat beriet heute den indirekten Gegenvorschlag zur Fair-Preis-Initiative. Er entschied, darin das Kon-zept der relativen Markmacht generell zu verankern. Der Schweizer Bauernverband (SBV) begrüsst das. Der ak-tuell vorliegende Gegenvorschlag stärkt die Position der Bauernfamilien im Markt. Diese verdienen 4 von 5 Fran-ken mit dem Verkauf ihrer Produkte. Es ist für sie deshalb wichtig, dass sie diese zusammen mit ihren Partnern in der Wertschöpfungskette gut positionieren können und die landwirtschaftlichen Produzenten die Preise und Ab-nahmekonditionen auf Augenhöhe verhandeln können. Die Landwirtschaft ist als Nachfragerin und Anbieterin von Waren verschiedenen grossen Schweizer Marktpartnern ausgesetzt, weil in der Agro-Food Branche in den letzten Jahren ein starker Konzentrationsprozess stattfand.

Mehr lesen