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Zucker - Die Süsse im Ackerbau

In der Schweiz werden rund 17'000 Hektaren Zuckerrüben  angebaut  (AGRISTAT). Davon werden mit steigender Tendenz ungefähr 200 Hektaren biologisch produziert. Weiter  wurden in 2022  auf rund 3'500 Hektaren IP-Suisse-Zuckerrüben angebaut  (Quelle: Schweizer Zucker AG). Konventionell angebauter Schweizer Zucker wird nach den Vorgaben von Suisse Garantie produziert. Die Anzahl der Zuckerrübenpflanzer war zwischen 2005 und 2022 rückläufig. Dieser negative Trend setzte sich jedoch im Jahr 2023 fort. (Abb. 1). Insgesamt verarbeiten die beiden Fabriken Aarberg und Frauenfeld ungefähr 1,5 Mio. Tonnen Zuckerrüben während einer Kampagne von September bis Dezember (Schweizer Zucker AG). Neben dem Zucker fallen für Futterzwecke Zuckerrübenschnitzel an, die von den Landwirten wieder eingekauft werden können. Weitere Nebenprodukte sind Topferde, Melasse, Kalk, Bioethanol oder noch Pektin.

Aussenhandel, Swissness und Politik – EU-Zuckermarktordnung

In einem Schiedsspruch von 2005 forderte die WTO die EU auf, ihre Zuckerausfuhren um annähernd 5 Mio. Tonnen zu senken, da sie mit ihrem subventionierten Zucker den Weltmarktpreis künstlich senkte. Die EU, bis anhin die weltweit zweitwichtigste Zuckerexporteurin, musste ihre Zuckermarktordnung grundlegend ändern. Sie reduzierte in der Folge die Rübenproduktion, führte Anbau- und Exportquoten ein und senkte den Rüben- und Zuckerpreis um rund 40%. Die Reform hatte einen Flächenrückgang um rund einen Drittel zur Folge. Die EU wurde damit zur Zucker- Nettoimporteurin.

Mit dem Ziel die Selbstversorgung wieder zu erhöhen und die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern, hat die EU Ende September 2017 die Produktionsbegrenzung für Zucker und Isoglucose sowie den Mindestpreis für Zuckerrüben aufgehoben. Gleichzeitig mit der Marktliberalisierung entfiel die von der WTO auferlegte Exportbeschränkung von Zucker. In der Folge des Entscheides haben die Zuckerfabriken ihre Verarbeitung erhöht und die Anbaufläche wurden in den meisten EU- Länder ausgedehnt. Die Produktionsausdehnung fiel in klimatisch gute Jahre und die Produktionsmenge 2017 lag über dem Eigenbedarf der EU. Die Überproduktion fiel mit einer Baisse des Weltzuckermarktes zusammen und das Preisniveau brach ein. Im August 2019 lag der EU- Zuckerpreis auf einem Zehnjahrestief von rund 300 Euro.

Der Verdrängungskampf unter den Zuckerfabriken führt ab 2020 wiederum zu Schliessungen von europäischen Fabriken. Da die Schweizer Zuckermarkt durch die bilateralen Verträge mit der EU direkt verbunden ist (Doppelnulllösung) sank auch der Zucker- und damit der Rübenpreis in der Schweiz. Durch den Preiszerfall sank auch die Anbaubereitschaft in der Schweiz und Flächen wurden reduziert. Voraussichtlich wird der Zuckermarkt ohne Anbauquoten in der EU weiterhin unter starken Schwankungen leiden und der Preis volatil bleiben.

Der Swissnessversorgungsgrad von Zucker liegt bei ungefähr 55 Prozent. Die Swissness-Regeln sind seit 1. Januar 2017 in Kraft. Sie legen fest, ab wann ein Produkt mit der Herkunft Schweiz werben darf. Lebensmittel dürfen das Schweizer Kreuz verwenden, wenn mindestens 80% der enthaltenen Rohstoffe aus dem Inland stammen. Dies gilt auch für Schweizer Zucker. Glaubwürdige Vorgaben an die Swissness sind wichtig, damit die Herkunft Schweiz ihren Wert behält. 

Zucker ist in der Schweiz ein strategisch wichtiges Produkt der Landesversorgung. Der Bund steht hinter der Schweizer Zuckerproduktion und unterstützt den Anbau mit einem Einzelkulturbeitrag von 2100 Franken pro Hektare und einem Mindestzoll von 70 Franken pro Tonne Zucker.

Anbaubedingungen, Logistik und Gesellschaft

Weiter fordert seit 2015 das Syndrome de la basse richesse (SBR) die Produzenten heraus. SBR wird durch ein Bakterium oder Phytoplasma ausgelöst, welches von einer Zikade übertragen wird und die Rüben vergilben lässt. Es senkt den Zuckergehalt bei befallenen Pflanzen. Bei SBR ist die effizienteste Bekämpfung noch unklar. Die Kombination verschiedener Massnahmen scheint am vielversprechendsten. Die viröse Vergilbung ist ebenfalls eine Krankheit, die zu erheblichen Ertragseinbussen führt und in der Schweiz nach dem Verbot eines Pflanzenschutzmittels wieder aufgetreten ist.

Die tägliche Belieferung der Fabriken ist logistisch betrachtet eine grosse Herausforderung. Der Transport wird bäuerlich und regional organisiert. Rund 50 Prozent werden der Menge werden per Bahn und 50 Prozent via Strasse angeliefert. Je nach Region sehen die Anteile anders aus.

Die Zuckerrüben sind eine anspruchsvolle Kultur, leisten aber einen wichtigen Beitrag für eine vielfältige Fruchtfolge. Dank ihrem ausgeprägten Wurzelwerk dringen sie bei idealen Bedingungen in tiefe Bodenschichten vor und lockern diese. In einer winterfruchtbetonten Fruchtfolge tragen sie zu einer wechselnden Unkrautflora bei. Die 30 Prozent nachhaltigere Produktion von Schweizer Zucker im Vergleich zu europäischen Zucker wurde mit einer unabhängigen Nachhaltigkeitsstudie bereits belegt. Die Nachhaltigkeit ist und wird auch in Zukunft für weitere Entwicklungen im Anbau wichtig sein.

Kontaktperson

Nicolas Wermeille

Geschäftsführer Schweizerischer Verband der Zuckerrübenpflanzer
Fachverantwortlicher: Spezialkulturen, Wettermonitoring, Pflanzenschutz

Belpstrasse 26, 3007 Bern
nicolas.wermeille@sbv-usp.ch 
Departement Produktion, Märkte & Ökologie
Geschäftsbereich Pflanzenbau