Hauptinhalt

Nein zur extremen Konzernverantwortungsinitiative

Die Volksinitiative «Für verantwortungsvolle Unternehmen – zum Schutz von Mensch und Umwelt», kurz Konzernverantwortungsinitiative, kommt am 29. November 2020 zur Abstimmung. Sie will Schweizer Unternehmen verpflichten, gegenüber dem Bund in einer Sorgfaltsprüfung die Einhaltung internationaler Menschenrechte und Umweltstandards darzulegen. Diese Prüfung schliesst auch die Geschäftsbeziehungen im Ausland ein. Besteht ein Unternehmen die Sorgfaltsprüfung nicht, würde es gemäss Initiative für die im In- und Ausland verursachten Schäden seiner Aktivitäten haften und entsprechend durch den Bund sanktioniert. Brisant ist die damit verbundene Beweislastumkehr: Nicht wie üblich muss der Staat ein Vergehen beweisen, sondern das Unternehmen muss dem Staat beweisen, dass es nichts verbrochen hat.

Der Schutz der Umwelt und von Menschenrechten ist unbestritten wichtig. Daher ist im Grundsatz das Anliegen der Initianten nachvollziehbar. Aber die gesamte Wirtschaft inklusive ihrer Lieferketten einer menschen- und umweltrechtlichen Sorgfaltsprüfung zu unterziehen, wäre unverhältnismässig und mit erheblichen Umsetzungsproblemen verbunden. Die Umsetzung im Ausland und über die weitverzweigten Lieferketten ist schwierig bis unmöglich. Viele Unternehmen trügen ein unkalkulierbares Risiko, indem sie ständig mit einer Klage rechnen müssten. Zudem sind die Anforderungen nicht international koordiniert und würden daher den Wirtschaftsstandort Schweiz stark benachteiligen. Unternehmen, welche die Sorgfaltsprüfung nicht erfüllen können oder wollen, würden ins Ausland abwandern, wo sie ihre Geschäftspraxis ohne weiteres fortsetzen könnten. Die Wirkung auf die Menschenrechtslage wäre damit gering, während die Schweizer Wirtschaft deutlich geschwächt würde.

Entgegen der Darstellung der Befürworter bezieht sich der Initiativtext nicht bloss auf multinationale Konzerne, sondern auf jegliche Unternehmen in der Schweiz. Dazu gehören auch die Landwirtschaftsbetriebe. Auch Partnerunternehmen im Agrar- und Lebensmittelsektor könnten aufgrund von Geschäftsbeziehungen mit Zulieferbetrieben im Ausland von Sanktionen betroffen sein.

Aus diesen Gründen hat das Parlament einen Gegenvorschlag beschlossen, der umsetzbar ist. Dieser setzt auf mehr Transparenz und eine vernünftige Regulierung. Die Landwirtschaftskammer des Schweizer Bauernverbands hat mit 63 zu 3 Stimmen beschlossen, diesem Gegenvorschlag des Parlaments den Vorzug zu geben und die Konzernverantwortungsinitiative zur Ablehnung zu empfehlen. Alle Unternehmen müssen mit ihren Geschäftstätigkeiten auch Verantwortung gegenüber Mensch und Umwelt übernehmen. Die Initiative ist aber zu radikal und in der Praxis kaum umsetzbar.

Autor

Markus Ritter

Markus Ritter

Nationalrat, Präsident SBV

Weitere Beiträge zum Thema

Stellungnahmen Änderung des Patentgesetzes

21.08.24 | Stellungnahme des Schweizer Bauernverbands zur Änderung des Patentgesetzes.

Mehr lesen
Stellungnahmen Totalrevision der Berufsmaturitätsverordnung BMV und des Rahmenlehrplans für die Berufsmaturität RLP-BM sowie zur BM-Strategie der Verbundpartner und von Swissuniversities

23.07.24 | Stellungnahme des Schweizer Bauernverbands zur Totalrevision der Berufsmaturitätsverordnung BMV und des Rahmenlehrplans für die Berufsmaturität RLP-BM sowie zur BM-Strategie der Verbundpartner und von Swissuniversities.

Mehr lesen
Medienmitteilungen
Medienmitteilungen Biodiversitätsfreundliche Zölle und Direktzahlungen

19.07.24 | Der Bundesrat hat die Auswirkung auf die Biodiversität von vier agrarpolitischen Instrumenten evaluiert: Grenzschutz, Versorgungssicherheitsbeiträge, Strukturverbesserungen und Absatz-förderung. Die Schlussfolgerung deckt sich mit jener des Bauernverbandes: Die Biodiversität wird durch die Abschaffung der Zölle und Versorgungssicherheitsbeiträge nicht verbessert; es braucht eine qualitative Optimierung der bestehenden Biodiversitätsförderung.

Mehr lesen
Medienmitteilungen
Medienmitteilungen Biodiversitätsförderung ohne weiteren Verlust an Produktionsflächen

11.07.24 | Die Biodiversität und ihr Zustand ist Thema von aktuellen Diskussionen. An einer Medienkonferenz auf dem Bauernbetrieb von Reto Pfister im aargauischen Bözen machte der Schweizer Bauernverband zusammen mit Fachleuten eine Analyse der Situation. Er beleuchtete das noch vorhandene Potential zur weiteren Förderung der biologischen Vielfalt in der Landwirtschaft ohne zusätzlichen Verlust an Flächen für die Lebensmittelproduktion. Fazit: Die Trendwende wurde vor 30 Jahren eingeläutet und zeigt Erfolge. Im Zentrum steht die Verbesserung der Qualität der bestehenden Flächen zur Förderung der Biodiversität.

Mehr lesen
Stellungnahmen Umsetzung und Finanzierung für eine 13. AHV-Rente

01.07.24 | Stellungnahme des Schweizer Bauernverbands zur Umsetzung und Finanzierung für eine 13. AHV-Rente.

Mehr lesen
Medienmitteilungen
Medienmitteilungen Biodiversitätsinitiative fördert Importe von Essen, Strom und Holz

25.06.24 | Die Initianten der Biodiversitätsinitiative wollen zur Förderung der biologischen Vielfalt (viel) mehr Fläche unter Schutz stellen. Sie blenden aus, dass die Schweizer Bevölkerung auch auf Lebensmittel, Strom und Holz angewiesen ist. Je weniger wir davon in der Schweiz selbst bereitstellen, umso mehr Importe kommen ins Land. Der ökologische Gesamtnutzen lässt sich insbesondere dann verbessern, wenn der Fokus auf eine höhere Qualität und damit mehr Nutzen der heute bereits vorhandenen grossen Flächen für die Biodiversität gelegt wird.

Mehr lesen
Stellungnahmen Änderung der Jagdverordnung

19.06.24 | Stellungnahme des Schweizer Bauernverbands zur Änderung der Jagdverordnung.

Mehr lesen
Medienmitteilungen
Medienmitteilungen Bauernfamilien dürfen nicht büssen

19.06.24 | Der Bundesrat will den landwirtschaftlichen Rahmenkredit für die Jahre 2026 bis 2029 um 1.6 Prozent kürzen. Der Schweizer Bauernverband, viele Organisationen sowie fast alle Kantone und Parteien haben sich im Rahmen der Vernehmlassung klar gegen diese geplante Sparmassnahme geäussert. Der Bundesrat ignoriert das eindeutige Resultat und stellt somit den Sinn einer Vernehmlassung in Frage.

Mehr lesen