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Neue Züchtungsverfahren

Unter dem Begriff „Neue Züchtungsverfahren (NZV)“ werden Verfahren zusammengefasst, die dank neueren Möglichkeiten für präzisere Züchtungen stehen und mit denen verändernd in das Genom von Pflanzen eingegriffen werden kann. Diese Verfahren bewegen sich in einem neu aufgegangenen Bereich zwischen konventioneller Züchtung und «alter» Gentechnik. Crispr/Cas9 ist das erfolgversprechendste und meistdiskutierte der neuen Züchtungsverfahren. Mit den bisherigen Verfahren der «alten» Gentechnik wurde artfremde oder synthetische DNA (fremdes Erbgut) in die Zelle geschleust (transgene Veränderung; trans = jenseits der Artgrenze). NZV sind gezielter als die «alte» Gentechnik, da man bei NZV biologische Werkzeuge wie Proteine oder RNS nutzt, welche die Sequenz im Erbgut erkennen können, die verändert werden soll. Dadurch können Gene relativ gezielt umgeschrieben werden oder es kann ein Gen an einer vorher bestimmten Stelle eingefügt werden.

Rechtliche Situation

Seit dem Entscheid des EuGH im Juli 2018 werden in Europa die NZV aus rechtlicher Sicht als Gentechnik eingestuft. Auch in der Botschaft des Bundesrates vom 30.6.2021 zur Änderung des Gentechnikgesetzes (GTG) wird mit Verweis auf die Motion 19.4050 festgehalten, dass die neuen gentechnischen Verfahren in technischer und rechtlicher Hinsicht als Gentechnik gelten. Mit der Verlängerung des GVO-Moratoriums bis Ende 2025 hat das Parlament den Bundesrat in Art. 37a, Absatz 2 GTG den folgenden Auftrag erteilt: «Der Bundesrat unterbreitet der Bundesversammlung spätestens bis Mitte 2024 einen Erlassentwurf für eine risikobasierte Zulassungsregelung für Pflanzen, Pflanzenteile, Saatgut und anderes pflanzliches Vermehrungsmaterial zu landwirtschaftlichen, gartenbaulichen oder waldwirtschaftlichen Zwecken, die mit Methoden der neuen Züchtungstechnologien gezüchtet wurden, denen kein transgenes Erbmaterial eingefügt wurde und die gegenüber den herkömmlichen Züchtungsmethoden einen nachgewiesenen Mehrwert für die Landwirtschaft, die Umwelt oder die Konsumentinnen und Konsumenten haben.»

Anwendungsbeispiele

Weltweit wird an verschiedenen Anwendungen geforscht, wie in der Grafik ersichtlich ist. Aus landwirtschaftlicher Sicht interessant sind Fortschritte bei abiotischem & biotischem Stress sowie beim Ertrag und Wachstum. Konkrete Anwendungsbeispiele aus der Forschung sind Mehltauresistenzen in Weizen, Krautfäuleresistenz in Kartoffeln, multiple Pilztoleranz in Weizen (PILTON-Projekt) und Feuerbrandresistenz bei Äpfeln.

Chancen und Risiken

Mit den neuen Methoden sollen Pflanzen gezüchtet werden können, die tolerant oder resistent gegen Krankheiten, Schädlinge und abiotischen Stress (z.B. Trockenheit, Hitze) sind. Zudem kann im Vergleich zur klassischen Züchtung wertvolle Zeit eingespart werden, da es schneller geht, bis eine neue Sorte marktreif ist.
Risiken bestehen einerseits darin, dass Pflanzen ohne Mehrwert für die Landwirtschaft zugelassen werden könnten. Andererseits können Patente auf Gensequenzen geltend gemacht werden, was bei der klassischen Züchtung nicht möglich ist. Denn klassische Züchtungen sind nicht patentierbar, sondern werden wirksam durch das Sortenschutzgesetz und nicht das Patentgesetz geschützt.

Anforderungen an NZV aus Sicht der Landwirtschaft

Damit die Nutzung von NZV-Sorten für die Schweizer Landwirtschaft eine Option darstellen kann, müssen sowohl die Bedürfnisse der Bauern als auch die Bedürfnisse der Konsumenten berücksichtigt werden. Aus Sicht des SBV muss die Erfüllung der folgenden Ziele gewährleistet werden:

  • Berücksichtigung der Entwicklungen in der EU
  • Agronomischer, ökonomischer oder ökologischer Nutzen (z.B. weniger PSM-Einsatz, Verbesserung Ressourceneffizienz)
  • Keine Verstärkung der Abhängigkeit des Landwirts von (Saatgut-)Unternehmen (Patente)
  • Agronomisch sinnvolle Züchtungsziele: Gewissheit, dass mit guter agronomischer Praxis keine neuen Probleme entstehen (z.B. Resistenzen)
  • Sachlicher Dialog mit Konsumenten und Akzeptanz fördern

Position des SBV

Die Methoden und Technologien, welche hinter den NZV stecken, entwickeln sich stetig weiter. NZV sind keine Wundermittel, könnten jedoch in Zukunft einen Beitrag dazu leisten, die Pflanzenzüchtung zu beschleunigen. Somit sollten schneller neue marktfähige Sorten entwickelt werden können, welche mit den heutigen Herausforderungen wie Qualitätsansprüchen und Klimawandel mithalten können. Deswegen spricht sich der SBV für eine ergebnisoffene Entwicklung des Rechts für NZV, bei welchen kein artfremdes Erbgut eingefügt wurde, aus. Dabei müssen den genannten Anforderungen Rechnung getragen und die Kompatibilität mit der EU gewährleistet werden. Die Entwicklungen in der EU sind zu berücksichtigen, da die Schweiz mit der EU im Rahmen der bilateralen Verträge eine gegenseitige Anerkennung der Bestimmungen für Saatgut von wesentlichen Kulturpflanzenarten vereinbart hat. Zudem müssen die gezüchteten Sorten einen agronomischen, ökonomischen oder ökologischen Nutzen aufweisen. 

Kontaktperson

Marion Ramp

Fachverantwortliche Pflanzenzüchtung, Ernährung, Nährstoffe, geistiges Eigentum, Nischenkulturen, Biolandbau

Belpstrasse 26, 3007 Bern
marion.ramp@sbv-usp.ch  
Departement Produktion, Märkte & Ökologie
Geschäftsbereich Pflanzenbau

  

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27.11.23 | Damit viele Menschen in Kontakt mit der Landwirtschaft kommen, brauchen wir engagierte Bäuerinnen und Bauern, die bei Hofprojekten wie 1. August-Brunch oder bei Lockpfosten mitmachen. Melde dich!

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21.11.23 | Der SBV-Vorstand empfiehlt der Landwirtschaftskammer, an ihrer Sitzung im Januar sowohl für die Volksinitiative «Für ein besseres Leben im Alter» (Initiative für eine 13. AHV-Rente) wie auch «Für eine sichere und nachhaltige Altersvorsorge» (Renteninitiative) die Nein-Parole zu fassen.

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28.06.22 | Nachdem Basiskommunikation von «Schweizer Bäuerinnen und Bauern» komplett erneuert worden ist, erstrahlt nun auch die Hofsuche im neuen Glanz. Neu gibt es auch nur noch eine Hofsuche für alle Hofprojekte.

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01.11.21 | Im Vorfeld der Delegiertenversammlung geht die Spitze des SBV in alle vier Landesregionen, um aktuelle Themen mit der Basis zu besprechen. Letzte Woche fanden die Regionalseminare Zentralschweiz und Nordwestschweiz statt. Dabei ging es um die Situation auf den Märkten, die künftige Gestaltung der Agrarpolitik, die Umsetzung der Parlamentarischen Initiative «Absenkpfad», die Massentierhaltungs-, Landschafts- und Biodiversitätsinitiative sowie die Sensibilisierungskampagne zur sozialen Absicherung. Zu Fragen führten auch die Einführung Schleppschlauch-Obligatorium, die Wolfsproblematik, die Holzerkurse für Lernende und die geplante Reduktion der Verkäsungszulage.

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